Posieren und Situationen stellen ist unauthentisch und langweilig und ohne Spirit. Jaja, blabla bliblublub…
Auch wenn ich mich auf Reportagefotografie spezialisiert habe, gestellte Fotos – gerade auf Hochzeiten – sind super wichtig und toll.
Lieblingsbeispiel für ein gestelltes Foto: Gruppenfotos!
Gerade in Jahre später sind die Gruppenfotos toll!
Marc Doradzillo, ein befreundeter Fotograf, hatte ich mal dabei beobachtet, wie er auf einer Veranstaltung eine Staffelei einer Malerin zwei Meter verrückte. Er änderte nichts weiter an der Situation. Nur die Position der Staffelei. Dadurch hatte er einen viel schöneren Hintergrund beim Fotografieren.
Dieser Nachmittag beeinflusste mich nachhaltig. Vorher hatte ich immer die strenge Devise wie ein Journalist zu arbeiten: Nichts verändern. Rein gar nichts. Nicht eingreifen. Nicht handeln, sondern Handeln fotografieren.

Ich habe beobachtet, dass die Jungs dauernd den Live-Ticker vom SC Freiburg anschauten. Also bat ich sie, das nochmal für die Kamera zu machen.
Wenn ich journalistisch arbeite halte ich mich daran. Aber auf Hochzeiten?
Warum soll ich nicht die Trauzeugen bitten, die Rede zwei Meter weiter links oder rechts zu halten, wenn das Foto deutlich schöner wird?!
Keine Sorge, ich schreie dann nicht durch den Saal und sage: „Tina und Tom, bitte einmal nach rechts… Ja, weiter, weiter, weiter. Stopp! Genau so!“
Nein, dass antizipiere ich vorher. Wenn ich weiß, dass die beiden eine Rede halten, dann sage ich den beiden eine halbe Stunde vorher in aller Ruhe:
„Wenn Ihr später den Vortrag haltet: könnt ihr dann das nicht vor der Heizung machen, sondern drüben vor dem Vorhang? Vielen lieben Dank!“
Dadurch merkt außer den beiden keiner was. Die Situation ist immer noch exakt die Gleiche. Nichts ist unnatürlich. Aaaaaber die Fotos werden richtig schön.
Ist das jetzt gestellt? Hm. Ich weiß es selber nicht.
Zwischen dem Extrem „Gruppenfoto“ und dem präperierten Beispiel mit der Trauzeugen-Rede liegt viel Spielraum für tolle, gestellte Fotos.
Was ich wenig mag sind Fotos wie: „Guck mal hier, hier ist das Vögelchen.“
Manche Gäste versuchen immer möglichst souverän zu schauen, wenn die Kamera anwesend ist. Aber das verfliegt meist recht schnell, denn ich ignoriere alles Posieren knallhart und honoriere es überhaupt nicht bzw. lächle die Gäste sogar an und schüttele den Kopf.
Anfangs muss ich noch die Telelinse (das Objektiv mit viel „Zoom“) nutzen um ungestellte Portraits zu bekommen, aber mit der Zeit gehen dann auch Weitwinkelaufnahmen (das Objektiv ohne „Zoom“).

Dieses Foto ist mit einem Weitwinkel 10cm von seiner linken Hand entfernt aufgenommen. Leider konnte ich nicht durch den Sucher schauen und daher ist das Foto nicht bombenscharf geworden. Aber dadurch dient es gleich zwei Beispielen: Ungestellte Portraits gehen auch mit einem Weitwinkel und gute Fotos müssen nicht scharf sein.
Übrigens: Pärchenfotos sind wieder ein gutes Beispiel für gestellte Fotos.
Pärchenfotos sind ziemlich gestellt. Aber toll.
Mein Ziel bei den Pärchenfotos ist es übrigens: Natürliche, ungestellte Situationen zu stellen.
Was ich genau meine, habe ich hier schon erklärt: Pärchenfotos
Schon gesehen?
Das Gegenteil von gestellten Fotos sind Schnappschüsse. Wie funktionieren aber dauerhaft gute Schnappschüsse?
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